Piko Smart Control Wlan – das nächste Fürstentum.

Pikos neue Digital-Zentrale klang nach einer schicken Sache: Kabellos, automatische Anmeldung der Lokomotiven, voll kompatibel zu Bisherigem; von wegen. Während Zentralen anderer Anbieter charmante Lösungen anbieten wählt Piko erneut eigensinnige Wege.

Seltsames Design

Damit fängt es an. Das ‚Smart Control light‘ erinnert an einen Tischtennis-Schläger und das neue ‚Smart Control Wlan‘ an eine Turnschuh-Sohle aus den 70er Jahren. Offenbar hatte der Geschmack an den Design-Tagen Urlaub.

Außerdem verändern weiße Gegenstände, die fortwährend mit Haut in Berührung kommen, recht schnell ihr Aussehen. ‚isabellenfarben‘ nennt man das.

So sieht das Wlan System von Piko aus. (c)Produktfotos: Piko.

Kein Anschluss an die Welt

Die Angabe ‚Loconet‘ stahl sich irgendwann klammheimlich von der Website und ward‘ nie wieder gesehen.

Mitgenommen hat sie die Möglichkeit, vorhandene Steuergeräte von Uhlenbrock, Fleischmann oder Piko an das neue System anzuschließen. Pikos Smart Control Wlan ist damit ein Insel-System; Vorbesteller dürften sich veräppelt gefühlt haben. 

Was Insellösungen tatsächlich taugen kann man am mega-erfolgreichen Brexit ablesen, nicht. Oder an Pikos super erfolgreicher H0 Kurzkupplung, nicht. Wirklich erfolgreich ist man nur im Miteinander; Eitelkeit kostet Nerven und Budget.

Die Z21 kann richtig was – und ihre Bedienung ist leicht verständlich.

Rocos Z21 (die schwarze) ist das genaue Gegenteil: Sie unterstützt entspannt beide beliebten Bus-Systeme, den X-Bus und Loconet: Wenn man zum Beispiel an einer Lokmaus2 und einem ProfiBoss dieselbe Lokomotive aufruft und an der Maus die Geschwindigkeit ändert wird das simultan am PB angezeigt. Feine Sache. Man bleibt frei in seinen Entscheidungen.

Foren-Einträge in genervtem Tonfall.

Diesmal zurecht: Auf der googeligen Suche nach guten Gründen FÜR Pikos neues System fand ich gleich zwei Freds, deren Lektüre mich mehr und mehr erstaunte. Hier kann jeder Interessierte gern selbst nachlesen, wie eigenartig sich Bedienung und Konzept darstellen: 👇🏻

https://www.1zu160.net/scripte/forum/forum_show.php?id=1372516&start=1

https://www.stummiforum.de/t216076f5-Neues-Piko-smartcontrol-WLAN-wann-lieferbar-1.html

Die Bedienung des Smart Control Wlan ist also wenig intuitiv bis nicht nachvollziehbar, und bei so mancher Macke fragt man sich, ob sie seltsam konfiguriert ist – oder einfach ein Bug. Mit sowas sollen Modellbahn-Neulinge (Start-Sets!) Spaß an der Modellbahn finden…?

Nach dieser im Folgenden gezeigten Beschreibung hatte ich keine Lust mehr auf PSCW; da brauche ich es auch nicht mehr zu erwerben, um mir eine Meinung zu bilden. Die steht nun fest:

(c) Screenshot 1zu160.net

Ich will beim Modellbahn-spielen nicht über das Gerät nachdenken müssen. Ich will spielen. Mit den Zügen, nicht mit dem Gerät.

Man muss sich Pikos neues ‚Smart Control Wlan‘ (diese ewig langen Namen nerven übrigens) also ‚erarbeiten‘? Nö Du.☺️

RailCom+ statt DCC-A. Wozu gibt es eigentlich Normen?

Für die Modellbahn ohne Mittelleiter existiert eine Norm, die besagt, mit welchem Verfahren sich die Lokomotiven an einer Zentrale automatisch anmelden können. Dieses Verfahren hat einen Namen: DCC-A.

Aber natürlich, Piko verzichtet auf Markt-weite Kompatibilität und lässt das PSCW mit RailCom+ arbeiten. Noch so eine Eitelkeit.

märklin hat mfx (seit 2006), die offizielle Norm sagt DCC-A, aber Piko weiß es mal wieder besser. Hatten wir nicht schon genug Format-Kriege? Zumal sich jetzt alle großen Decoder Hersteller fragen müssen, ob sie beide Verfahren in ihre Decoder einbauen.

So einfach kann das sein: Adresse tippen, Modellbahn spielen. 🙂👍🏻

Einfach bringt Spaß.

Jede 6021 von märklin (oder 86021 von Arnold) führt direkt zum Erfolgserlebnis, ohne jede Erklärung. Adresse tippen, losfahren, Funktionen ausprobieren: Licht, Choo-Choo, Rauch, Kupplung, Sound. Läuft. Ohne Menü. Ohne Farb-Display. Ohne Anleitung. Aber mit viel Spaß. Weichen schalten? Einfach ein Keyboard dranklicken, sofort kann man 16 Weichen schalten. …und die nächsten 16…

Beim ‚PSCW‘ muss man jede Lok erstmal anlegen, selbst wenn man nur kurz eine Maschine ausprobieren möchte. Und das Durchscrollen bis zum Ende der eigenen Liste dauert in diesem Fall ewig. Das ist blöd.

Bunte Sache mit viel Spielspaß: Rocos Lokmaus2-System. Foto (c)Stummiforum.

Auch Rocos Lokmaus2 / Multimaus-System ist total easy going, zusammen mit dem Weichen/Signal-Stellpult ‚Route Control‘ hat man ein System, das sich auf den ersten Blick erklärt und alle Basis-Funktionen zur Verfügung stellt, eindeutig zuzuordnen.

Das bessere ‚Smart Control‘ kam von Fleischmann.

Man sollte meinen, bei Piko kenne man sich mit diesem Gerät recht gut aus…

Das womöglich beste Gerät war bereits erfunden: Der ‚Profi Boss‘ von Fleischmann aus 2009 ist noch heute ein Top-Teil: Loks fahren (jeweils bis zu 20 Funktionen, ließe sich im Prinzip erweitern) klappt auch mit direkter Adress-Eingabe, Loks programmieren (Hauptgleis oder POM), Weichen schalten (jeweils zehn auf einen Streich!), alles total einfach. Alles intuitiv erreichbar.

…’gestellt‘. ☺️ So einfach kann das sein: Immer jeweils zehn Weichen (oder Ähnliches) lassen sich direkt schalten, die Lok bleibt dabei steuerbar. Oben sind die netten Funktions-Icons für Loks zu erkennen. (c)Fleischmann

Eine Version von Fleischmanns Anleitung ist nach wie vor online: 👇🏻https://www.fleischmann.de/uploads/Unternehmen/2/Relaunch_Website/ProfiBoss_Bedienungsanleitung.pdf

Fleischmanns aufgeräumtes Menü erinnert an einen Ipod, vermutlich davon entlehnt. Ja, so macht man das. Piko hätte hier gerne abkupfern können. Sollen.

Was dem PB fehlt: Automatisches Anmelden der Loks, kein RailCom+, kein DCC-A. Dafür klappt das Vergeben der Funktions-Icons pro Lok und deren Namen (im Gerät) recht fix, Dank T9.

Man kann auch diverse PB an das Loconet der Intellibox anschließen oder auch nur viele PB untereinander verbinden; Pikos Beschränkung auf nur vier (!!) PSCW Geräte findet auch hier einen Meister.

Allein Fleischmanns Design ist etwas eigen, aber die feinen Funktionen entschädigen dafür mehrfach. Tatsächlich, ich bin mit dem PB ‚zufrieden‘, ein Gefühl, das derzeit wohl aus der Mode gekommen ist…

Mein Fazit: Piko ist nicht märklin. Aber man führt sich immer öfter so auf. Kupplungen, die zu nichts anderem passen, seltsame Schnittstellen, und nun ein Digitalsystem ohne Anschluss an den Rest der Welt mit einem eigenen Anmelde-Verfahren: Piko möchte die Modellbahner subtil in das eigene Öko-System zwingen.

Das ist natürlich ihr gutes Recht. Aber man muss das nicht gut finden. Man könnte es sogar, hanseatisch formuliert, ’nicht mal ignorieren‘. ☺️ Hoffentlich überschätzt man nicht die eigene Markt-Position, denn weder Roco noch Zimo schlafen.

Meine Meinung: Für die Mehrheit der Spielbahner (nochmal: Startsets!) ist das Konzept der komplexen ‚Alleskönner‘ Zentralen falsch. Gerade schlichtere Geräte, die sich einfach bedienen lassen, führen zu schnellen Erfolgserlebnissen – und zur Freude am Hobby. So bleiben die Leute dabei. Das Hineinzwingen der arroganten Computer-Denke in das Modellbahn-Hobby („wenn man weiß, wie es geht, ist es eigentlich ganz einfach!“ 🙄), ausgerechnet in Startsets, mehrt nicht den Umsatz, wohl aber den Frust. Und der senkt den Umsatz. Im Übrigen sind komplizierte Geräte keineswegs „zeitgemäß“. Sie sind sogar sehr 90er.

🙂🚂