Der neue ET403 für Spur N von Modellbahn-Union / dm-toys.
Während LS models noch immer mit sich selbst beschäftigt wirkt hat dm-toys vor zwei Jahren mal eben einen nagelneuen ET403 für N-Bahner auf den Markt gebracht. Da man nur kaufen kann, was tatsächlich da ist habe ich das dann mal gemacht. ☺️
Es ist schon seltsam, dass alle deutschen Hersteller diese super-modernen Züge der 70er Jahre ignoriert haben. Erst 2012 brachte märklin ein H0 Modell auf den Markt, leider verkürzt und die Gestaltung der Front ist völlig daneben. Und das trotz 39 Jahren nach Roll-Out der Vorbilder. Zwar haben auch ABBA ihre Fans 39 Jahre warten lassen, aber deren Ergebnis konnte in jeder Hinsicht überzeugen, sogar was die Digitaltechnik betrifft 😌 …
Allein Fleischmann hatte mit dem Nahverkehrszug der BR 614 in H0 und N etwas im Sortiment, das auch irgendwie lang, orange und aus den 70er Jahren war…
Erst um 1981 bzw. 1984 kamen endlich Modelle der ET403 Schnellzüge; Lima aus Italien lieferte für H0 und N, in überraschend hoher aber noch immer verbesserungsfähiger Qualität zu günstigen Preisen.
Anfang der 90er überarbeitete Lima seine 403er, meines Wissens nach unter Federführung des deutschen Importeurs Lemke. Wieder in H0 und N, aber auch hier fanden sich viele Kritikpunkte, allen voran die zu dunkle Lackierung. Natürlich hätte man schon ‚damals‘ passende RAL-Farben verwenden können.
Die letzte Überarbeitung erfuhr Limas H0 Modell um 2012, nun unter der Leitung von Hornby, mehr dazu hier:
Ich besitze diverse Ausgaben der bislang erhältlichen Modelle in H0 und N; zwar sind sie alle irgendwie ‚okay‘, aber so richtig überzeugen können sie alle nicht.
(Ob es überhaupt Modelle gibt, die mir rundum gefallen? Und ob. Pikos H0 Modelle der Bundesbahn V200/BR220 oder BR181.2 zum Beispiel. Oder die Stainz2 von LGB. Oder Katos Zigarren in N.)
Für die Spur N hatte Lemke vor vielen Jahren ein komplett neukonstruiertes Modell avisiert, dem Vernehmen nach (!) hätte dies eng mit dem H0 Modell von LSmodels verwandt sein sollen; das Projekt wurde schließlich offiziell abgekündigt.
Deswegen war ich erstmal skeptisch, als der Händler dm-toys / Modellbahn-Union vor drei Jahren ein eigenes N-Modell versprach, erst als Lufthansa-, dann auch als IC-Version.
Empirie ist so eine Sache, oft kann man sich drauf verlassen, aber sie kann einem auch den Blick auf für Neues versperren. Zumal: Jeder kann heutzutage irgendwo irgendwas in Auftrag geben.
Auf der Website von Modellbahn-Union folgten dann nach und nach Blog-Einträge, die zeigten, dass der Zug konstruktiv tatsächlich in NRW entstand. In den Blog-Kommentaren wurde von kompetenter Seite auf eine zu helles ‚Weiß‘ des Lufthansa-Musters hingewiesen; am Modell sieht es passender aus, als auf den Presse-Fotos.
So etwa ein Jahr später wurden die ersten Lufthansa-Modelle ausgeliefert. Dank der Early Adaptors brandete im N-Forum eine lebendige Diskussion auf über Sinn, Unsinn und Qualität des Modells.
Zugegeben, auch mir war schon auf Fotos eine gewisse Anzahl von kritikwürdigen Aspekten aufgefallen. Als langjähriger Fan des Vorbildes schaue ich womöglich sehr genau hin. Aber wer sonst wird den Zug kaufen, wenn nicht die, die das Vorbild schön finden und ein adäquates Modell besitzen möchten.
Derzeit verkauft dm-toys seine ET403 Züge mit 25% Rabatt, und €299.- entspricht genau dem Preis, zu dem ich den Zug direkt am Tag eins bestellt hätte. Na gut, Tag 1 war dann eben jetzt. ☺️
Der Zug.
Angeboten wird die vierteilige Kombination, wie man sie seit Jahrzehnten kennt und erwartet: Zwei Endwaggons mit Führerständen, einer davon mit Antrieb. Dazu ein Großraum- und ein Halbspeisewagen.
Der Großraumwagen ist mit eigener Waggon-Nummer auch einzeln erhältlich. Die Fahrzeuge liegen sicher und Styropor-frei gebettet im sehr stabilen Karton mit geschmackvoll gestaltetem Schuber. Ein Tütchen birgt zusätzliche Kupplungsteile, die Anleitung ist leider viel zu knapp. Hier fehlen klare Angaben, welche LED an welchen Funktionsausgang angeschlossen sind.
…dass Texte im Spaltensatz und in akzentuierter Größe leichter zu lesen sind ist offenbar nicht nur Piko fremd. Wieso geht soviel Wissen verloren…?
Technisches Konzept
Alle Fahrzeuge folgen einem klaren Muster:
- Jede Form von Beleuchtung erfolgt über Leuchtdioden, Spitzen-, Schluss-, Führerstands- und Innenbeleuchtung sind damit über viele Jahre wartungsfrei.
- Die LED der Innenbeleuchtung leuchten etwas gelblich, das sieht zwar ganz hübsch aus, entspricht damit aber nicht dem Vorbild-Eindruck des IC-Vorbildes mit seinen Gold-bedampften Fenstern. Die weißen Front-LED gefallen mir, auch die Schlusslichter leuchten schön kräftig; dimmen empfehle ich dennoch: Mit D&H Decodern habe ich die Innenbeleuchtung auf den Wert 02 gedimmt. Erst dann sieht es für mich ‚echt‘ aus.
- Jedes Fahrzeug hat sinnvollerweise eigene Radkontakte zur Strom-Versorgung. Das erspart sperrige Kabelstränge (die über die Zeit verhärten können), teure Spezialkupplungen und eine durch unzählige Löt-Verbindungen teure Fertigung.
- Die Kupplungen werden geklippst, indem man beide Fahrzeuge etwas abhebt und zusammendrückt. Die ersten Endwagen rollten einwandfrei durch den Minitrix R2, die beiden neuen quittieren das mit fallweisem Entgleisen ihrer hinteren Drehgestelle. Das werde ich mal genauer beäugen; das muss doch hinzukriegen sein.
- dm-toys bietet zusätzliche Kupplungen an, die die Garnitur für engere Radien kompatibel machen sollen. Zweifellos klappt das. Aber wie sieht das aus, dieser extreme Abstand. Man hätte die Scharffenberg-Kupplung neu formen sollen; ja, sowas kostet, macht Kunden aber zufrieden.
- Ebenfalls jedes Fahrzeug besitzt auf der LED Platine eine Next18 Schnittstelle. So kann man in jedes Fahrzeug einen Next18 Decoder nach eigener Wahl einsetzen. Soweit passt das alles.
Optik außen
Die gute Nachricht: Das Antlitz des ‚weißen Hai‘ ist recht ordentlich getroffen. Auch die Farben erwecken augenblicklich einen vorbildgerechten Eindruck.
Die „orangenen Streifen“ sind zumindest seitlich sehr sauber auflackiert. Aber um die Stirnfenster findet man auffällige Fehler, ausgerechnet dort, wo man andauernd hinschaut:
a.) Die Streifen müssten von der Seite betrachtet auf denselben horizontalen Ebenen bleiben und daher in den Schrägen breiter werden. Wie sogar der eigene Karton-Schuber zeigt. (!)
b.) Bei beiden meiner Endwagen waren die Streifen auf der in Fahrtrichtung rechten Seite unsauber übereinander lackiert, also musste ich beide Gehäuse umtauschen. Die Neuen waren sozusagen weniger furchtbar, erst ein weiterer Umtausch brachte die gewünschte Qualität. 🧡🙂
Man könnte auf den Gedanken kommen, die ganze Serie entspreche in diesem Punkt der Qualität von B-Ware, denn sämtliche offiziellen Fotos zeigen diese IC-Variante nur von der linken Seite. Zufall? Kann sein.
Die Stirnfenster sehen so aus, als seien deformierte Teile eingesetzt worden, dabei ist es ganz anders: Jemand hat extra schwarze Rahmen auf die Stirn-Fenster gedruckt, und zwar ganz besonders schief, damit es auch richtig auffällt und stört. Dazu fällt einem nichts mehr ein.
Möglicherweise kann man diesen Fehl-Druck mit einer Lux-Flüssigkeit entfernen. Dabei müssen die senkrechte Mittellinie und die aufgedruckten Scheibenwischer natürlich verschont bleiben.
Die Spitzen- und Schlusslicht-LED schimmern an einigen Stellen durch die Front-Gehäuse hindurch. Eigentlich müsste man hier von innen mit schwarzer Farbe nacharbeiten.
Dass an den Seitenfenstern die beim Vorbild überdeutlichen Fensterrahmen fehlen ist ein eindeutiger Mangel. Ebenso das Fehlen der charakteristischen äußeren Bremsscheiben an sämtlichen Rädern – hier ist Abhilfe bereits angefragt. Dabei sind die Drehgestelle selbst meiner Ansicht nach fein genug detailliert, wenngleich ihre Rahmen mehr nach innen versetzt noch vorbildgetreuer wirken würden.
Vollkommen daneben ist die Farbgebung der Kühlgitter auf dem Dach; anstelle von schickem Aluminium-silbern sehen sie verrostet aus. Also… wie kommt man denn auf solchen Quatsch? Ein Modell, das den Neuzustand des Vorbildes abbildet absichtlich verrottet aussehen zu lassen ist eine wirklich blöde Idee. Jedes der bislang erhältlichen Modelle besaß silberne Gitter. Warum wohl.
http://et403.bplaced.net/galerie2.html
Man hätte ja einfach mal den Betreiber der Website et403.de 👆🏻 anschreiben und um Beratung bitten können – sowas nennt man ‚Networking‘. Aber in Deutschland kocht ja jeder lieber argwöhnisch sein eigenes Süppchen, anstelle sich kollegial zu vernetzen. Kommunikationszeitalter und so.
Optik innen
Die Innenräume sind recht aufwändig gestaltet, obwohl jeweils aus nur einem Teil gefertigt. Es gibt ein paar seltsame Leerräume, in denen Abteilwände fehlen. Dank der überhellen Innenbeleuchtung fällt das besonders deutlich auf. Konstruktive Gründe sehe ich nicht.
Dass alle Einrichtungen beigefarben durchgefärbt sind mag zur Lufthansa-Version passen, nicht aber zum InterCity, der hauptsächlich orangefarbene Sitze und -Auslegeware besaß, von dunklen Ledersitzen im Speise-Bereich abgesehen. Hier ein Beispiel für den Großraum, aber beige…?: 👇🏻
http://et403.bplaced.net/web_acappella/wa_files/403-170474-4.jpg
Farblich zum Boden konstrastierende Sitze als separat eingestecktes Teil bleiben in N wohl die Ausnahme. Wer es mit der Vorbild-Treue genau nimmt, muss also mit Pinsel und diversen Farben nacharbeiten. So kann das dann aussehen, zusammen mit ausgetauschten LED in goldweiß und weiß in den ‚Aborten‘:
Wie man die fehlenden Bremsscheiben nachrüstet beschreibe ich hier:
Fahreigenschaften
Im Forum liest man sowohl von besonders leisen als auch auffallend lauten Motoren. Tja nun, mein erster Motorwagen rappelte echt laut, und eiernde Achsen sorgten dafür, dass sich das Fahrzeug bei schneller Fahrt recht ausdrucksstark schüttelte. Auch der Dummy-Steuerwagen rollte nicht einwandfrei. Bei der heutzutage möglichen Fertigungs-Technik sollte Derartiges kein Thema sein.
Decoder-Programmierung
Die oberen Spitzenlichter werden separat geschaltet, die Anleitung verliert darüber keine Silbe. Natürlich sollten diese Lichter synchron zu den unteren weißen LED arbeiten; Try & Error half, das sinnvoll einzustellen.
Ich habe einfach in alle Fahrzeuge die PD18MU Decoder eingeklippst, hier erhältlich, und einheitlich programmiert. Verzichtet habe ich mit diesen Decodern auf die schaltbare Führerstands-Beleuchtung; für mich kein tragischer Verlust.
Natürlich hätte MU anstelle des oberen Spitzenlichts als separater Funktion besser die Führerstands… Aber lassen wir das. Also, programmiert habe ich das Folgende:
Motor-Einstellung: CV49 auf 02, CV50 auf 03. CV02 auf 01, CV03, CV 04 und CV05/61 (Vmax) und die CV48 für die Beschleunigungs-Kurve stellt sowieso jeder nach Geschmack ein.
Licht-Zuordnung: CV33 auf 09 (obere Spitzenlichter synchron zu den unteren), CV34 auf 02 (Werkswert) und CV35 auf 04 (Werkswert).
Licht-Dimmen: CV52 (Front- und Schlusslichter) auf 08, CV54 (Innenbeleuchtung) auf 01 und CV55 (obere Spitzenlichter) auf 06. Und sofort wirkt der Zug ‚echter‘. 👍🏻
Nach dem Lackieren der Sitze in diversen Orange/Rot-Tönen habe ich den Dimm-Wert der CV 53 für die Innenbeleuchtung auf 04 oder 05 gesetzt.
Extra, NUR im Steuerwagen: CV29 auf 07, um seine ‚Richtung‘ herumzudrehen, damit sein Lichtwechsel zum Motorwagen passt. 🙂 Das hätte natürlich sinnvollerweise ab Werk so angeschlossen sein können, denn wann fährt der Steuerwagen ohne Antrieb schon alleine herum…? Ja, genau. ☺️
Manche entfernen noch den kleinen braunen Kondensator, der die Motorkontakte verbindet. Er und die zwei Drosseln gehören auf den Analog-Stecker.
Die Innenbeleuchtung schaltet man mit Decodern ohne Sound standardmäßig über die F1. Wer einen Neonröhren-Effekt programmieren kann, sollte dessen ‚Start-Zeit‘ in den Waggons unterschiedlich einstellen, das ergibt dann im Zugverband einen hübschen Effekt.
Sound?
Im Motorwagen hatte ich einen Sounddecoder von ESU platziert, weil deren neuer 16bit Sound für den Lufthansa-403 ganz hübsch gemacht ist. Aber der Lautsprecher im Zug erzeugt einen Klangeindruck, der mit quakend oder schrill nur unvollkommen beschrieben werden kann… Nee, sowas gefällt mir nicht.
Also rollt mein Zug wieder ohne Sound über seine Gleise – und ich kann ungestört Musik hören, ohne komisches Rauschen im Hintergrund… Glockenanker-Motore haben sich inzwischen in beiden Zügen eingefunden. Wat mutt, dat mutt. 😉
Interessant ist, dass es nach 20 Jahren Wartezeit nun gleich drei Sound-Projekte für diesen Zug gibt, von D&H, von Esu und von Zimo. Ich gebe zu, mir gefällt das. 🙂 Vielleicht fällt mir noch eine besser klingende Lautsprecher-Lösung ein.
Fazit
Der Initiative von Modellbahn-Union, diesen schnittigen Schienen-Flitzer für die Spur-N zu bauen, gebührt großer Respekt.
In Summe gefällt mir dieser neue N-ET403 recht gut. Die Form trifft das Vorbild weitaus besser, als das fast peinliche H0-Modell von märklin. Dieses N-Modell bringt eine Menge Komfort mit, und die Farbgebung ist im Grunde sehr umsichtig festgelegt. 🙂
Aber. Jeder Hersteller sollte zur Prio-1 erklären, dass vor allem die Lackierungs-Qualität die Schönheit eines Modellbahn-Fahrzeugs bestimmt – und damit die Kaufentscheidung erleichtert oder erschwert.
Im Fall dieses ET403 ist es in bestimmten Bereichen die Qualität des Farbauftrags, die den tadellosen Eindruck schmälert; da hilft auch jede seriöse Vorarbeit nichts, wenn hier im letzten Schritt Mist gebaut wird.
Übrigens, auch beim Lufthansa-Zug folgt die Trenn-Linie gelb-(nicht-)kieselgrau keineswegs der unteren Linie der Front-Fenster. Das kann zwar stören, andererseits hat jeder Mensch die Möglichkeit, etwas zu akzeptieren. Und das habe ich hier getan.
Meinen alten Lima-Zug behalte ich natürlich, genau wie meine originalen, gelben Cassetten der ‚drei ???‘. ☺️ Alles hat seine Zeit und seinen Platz im Leben. Alt und neu dürfen zumindest bei mir mit- und nebeneinander existieren. ‚Don’t shut me down‘, wie recht die Vier haben. 🙂🧡
Bemerkung: Der Lima-N Zug ist alt, klar. Und dennoch stellt er das Vorbild noch immer recht treffend dar. Dass Hornby-kontinental dieses schöne Modell wie auch den Triebzug ET30/BR430 nicht aus vorhandenen Formen produziert spricht Bände über deren Sichtweise. Es muss nicht immer deluxe sein; saubere Lackierung, leiser, optisch unauffälliger Antrieb und fairer Preis können oft schon ausreichen.
🙂🚂