Roco Line Bogenweichen 42cm / 48cm – die Unbekannten.

‚Roco‘ und Gleise, das ist nicht erst seit dem geschmacklichen Totalausfall ‚geoLine‘ ein kompliziertes Thema; das Ganze begann schon 1989 mit der Vorstellung von Roco Line.

Selbsternannte ‚Fachzeitschriften‘, insbesondere das ‚Eisenbahn Magazin‘, hatten über 15 Jahre nach mehr Vorbildnähe geplärrt, ‚Herunter von der hohen Schiene‘ – der Slogan war schon Mitte der 70er Jahre echt Mist.

Vermutlich (!) Dank der damals hervorragenden Verbindungen vom ‚EM‘ zu Roco wurde in Österreich das vorbildnahe aber eben auch geometrisch extrem anspruchsvolle (also komplizierte) Gleis-System ‚Roco Line‘ entwickelt – mit und ohne Gummi. Bettung. 

Abgesehen vom fummeligen Aufbau mit drölf verschiedenen Ausgleichsstückchen und den für damalige Verhältnissen exorbitant hohen Preisen war es vor allem die Bettung, die aus vielen Gründen verhinderte, dass Rocos pseudoperfektes Gleis das Profi-Gleis von Fleischmann vom 2LDC-Thron schubste. Erst als die Österreicher in Besitz der Fleischmann-Formen gelangten und die Produktion des Profi-Gleises brutal stoppten, war es mit dem Profi-Gleis vorbei. Nun aber existierte mit Pikos ‚A-Gleis‘ eine erfolgreiche Konkurrenz; also… mit Roco Line liegt irgendwie was im Argen.

Insbesondere die engen ‚Line‘ Bogenweichen waren nicht so gelungen, wie allgemein behauptet: Die nagelneuen Bogenweichen (R2) ließen den Nachläufer meiner damals ebenfalls nagelneuen, hauseigenen BR 001 entgleisen – fehlkonstruiert, Punkt. Die Weiche, nicht die Lok. Mehr zu ‚Roco Line‘ habe ich hier geschrieben: https://blog.mobaz.de/2021/04/06/roco-line-mit-bettung-reloaded/

Hin und wieder konnte man lesen, wie Roco an den Weichen herumdokterte: Mit Magneten statt Federn, mit neuen Radlenkern aus Schienenmaterial statt aus Plastik angespritzt, Bohrungen für die Platte anstelle eines Sets für Unterflur-Betrieb – und es sollte rund 40 Jahre dauern, bis endlich Bogenweichen erschienen für die Verbindung der Radien 42cm und 48cm. Bei Piko gab es diese übrigens direkt zur Produkt-Einführung in den Nullerjahren….

Natürlich werden solche Bogenweichen dringend gebraucht, weil „H02LDC(C)“ seit den 90er Jahren nicht mehr das ist, was es in den 60er Jahren gewesen war:

Die Waggons mit 303mm Länge können sich bei der parallelen Begegnung auf Rocos kleinen Bogenweichen berühren – mit dem rot-blauen Kakadu-Speisewagen klappt das sogar recht zuverlässig. Außerdem sehen lange Dampfloks auf diesen Weichen schon arg fies aus. Und Platz war schon immer ein Problem.

Zum Glück waren beide Hersteller so klug, für sämtliche Radien identische Gleis-Abstände festzulegen, anders als märklin/Trix, so lassen sich bei Roco und Piko die Bogenweichen bunt ineinander verbauen:

So geschickt lassen sich Rocos Bogenweichen ineinander verbauen.

Aus diesen Gründen wurde der Radius von 42cm zum neuen Standard-Radius erklärt, bei Piko für sein A-Gleis und später auch von Roco für ‚geoLine‘. Eigenartig nur, dass beide Firmen diese Erkenntnissen nicht konsequent umsetzen:

Piko verwendet zwar den Radius 42cm in Startsets, aber in den Ergänzungs-Paketen führt man die Weichen nicht nach außen, sondern nach zurück (sic!) nach innen auf den 36cm Radius.

Und Roco verkauft ungerührt die Roco Line Gleis-Sets in Zusammenstellungen von 1989, mit dem Mini-Radius von 36cm und Knick-Bogenweichen. Allerdings sind inzwischen die Weichen nicht mehr ab Werk angeschnippelt, was deren freien Einsatz erleichtert (und der Firma Arbeitszeit, also Lohn), aber an Weihnachten sicher für Verdruss sorgt, wenn in der Aufregung alles schief abgeschnitten wird.

Screenshot von der ‚Roco‘-Website.

Die neuen Bogenweichen werden nicht einmal speziell beworben oder auf der Website besonders herausgestellt; eine interessante Denke: Sieht das Marketing Infos inzwischen als Hol-Schuld? Ja nö.

Kein Wunder, dass Piko sein A Gleis so gut verkauft, trotz allem 🤷🏻‍♂️: https://blog.mobaz.de/2019/10/07/piko-bestaetigt-a-gleis-kann-raeder-bei-dauerbetrieb-schaedigen/